Schlanker Kreis soll Kommunen Luft verschaffen

Mit einer Schlankheitskur will die SPD-Kreistagsfraktion erreichen, dass der Kreis als Umlageverband sich in seinem Ausgabegebaren deutlich zugunsten seiner umlagepflichtigen kreisangehörigen Gemeinden zurücknimmt. Das Rezept für die Schlankheitskur soll sich der übergewichtige Patient jedoch nicht etwa selbst zusammenstellen. „Das soll ein Schlankheits-Profi mixen, der über einschlägige Erfahrungen bei der Rückführung überdimensionierter Behörden verfügt und erfolgreiche Beispiele anführen kann“, begründet Fraktionschef Peter Ralf Müller die Kernforderung der Sozialdemokraten zum Kreishaushalt 2002.

Das geeignete Instrument für die angestrebten Kostenreduzierungen beim Kreis ist nach Auffassung der SPD die Beauftragung eines externen Organisations- und Beratungsunternehmens mit der Entwicklung eines strategischen Konzepts zur nachhaltigen Konsolidierung des Kreishaushaltes. Ziel der erwarteten Kostensenkungsprogramme ist es, die Bemühungen der Kommunen zu unterstützen, die in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen haben, ihrerseits Personal und Sachkosten zurückzuführen. Die Motivierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung für dieses strategische Konzept ist nach Darstellung der Sozialdemokraten eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg und daher durch geeignete Maßnahmen vorzuschalten. Dies beinhaltet die Beteiligung von Personalrat, Gleichstellungsbeauftragter und der Schwerbehindertenvertretung.

Unabhängig von dem erwarteten langfristigen Einsparpotential hat die SPD die einzelnen Unterabschnitte und Sammelnachweise durchforstet und auch mit den tatsächlichen Rechnungsergebnissen des Jahres 2000 und dem aktuellen Anordnungs-Sollstand November 2001 verglichen. „Da haben wir eine Menge Speck entdeckt“, bemerkt Fraktionschef Müller. Bei neun Haushaltsstellen schlägt die SPD rund 600.000 Euro zur Reduzierung vor, mit denen wichtige Initiativen finanziert werden sollen, für die vom Landrat in seinem Entwurf kein oder zu wenig Geld bereitgestellt wurde.

Dabei geht es u.a. um die Verstärkung von Schulbetreuungsangeboten im Rahmen offener Ganztagsangebote durch eine systematische Vernetzung von Schule und Jugendhilfe, um die Unterstützung des Gebärdendolmetschens für Gehörlose, die Schaffung einer kreisweiten Übersicht über ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen, die Anhebung der Förderung für offene Türen von 65 auf 68 Prozent, die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für aufsuchende Jugendarbeit, die Förderung der Betreuung von Wach-Koma-Patienten und mehr Aufklärung in Bezug auf Brustkrebsvorsorge.

Im kulturellen Bereich geht es um einen höheren Personalkostenzuschuss für den Kunstverein des Rhein-Sieg-Kreises, die Durchführung eines Fotowettbewerbs aus Anlass des Jahres der Schwerbehinderten 2002, die Erstellung eines Grundlagenplanes für ein Heimatmuseum Naafsmühle sowie Planungskosten für eine mögliche Einrichtung eines rheinischen Zentrums für Keramik in Wachtberg-Adendorf.

In der Verkehrspolitik wollen die Sozialdemokraten 100.000 Euro für die Einrichtung von Schnellbuslinien in den Haushalt einstellen und die Kreisförderung für Anruf-Sammeltaxis in den Städten und Gemeinden nicht mehr bloß jahresbezogen, sondern mittelfristig bis 2004 festschreiben.
Für die bauliche Unterhaltung der Einrichtungen der offenen Türen soll erstmals ein Betrag von 300.000 Euro eingesetzt werden, damit bestehende Gebäudesubstanzen erhalten werden können. Stattdessen soll der Zuschuss zum internationalen Beethoven-Festival festgeschrieben werden und eine Ausweitung um weitere 16.000 Euro bis zur Vorlage einer Bilanz des diesjährigen Festivals unterbleiben.

Strikt abgelehnt wird von der SPD-Kreistagsfraktion die Wiedereinführung einer Neuverschuldung im Kreishaushalt im Jahre 2002. Landrat Kühn hatte vorgeschlagen, rund 3,45 Millionen Euro an neuen Krediten aufzunehmen. Dem gegenüber hat die SPD festgestellt, dass in der Rücklage des Kreises ein Betrag von über 2,8 Millionen Euro über den gesetzlichen Mindestbestand hinaus verfügbar ist. Daher soll dieser disponible Betrag aus der Rücklage entnommen werden. Der verbleibende ungedeckte Betrag von rund 650.000 Euro soll unter Berücksichtigung des aktuellen Anordnungssolls durch realistische Kürzungen und durch Maßnahmenstreckungen erwirtschaftet werden. Peter Ralf Müller: „Neue Schulden belasten zukünftige Haushalte und schränken die finanzielle Spielräume ein. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.“

Durch Wiederbesetzungs- und Beförderungssperren sowie Stellenwegfall aufgrund von Organisationsuntersuchungen mit anschließenden Umsetzungen soll im Personalhaushalt 1 Million Euro eingespart werden. Auch der sächliche Verwaltungs- und Betriebsaufwand soll global um 1 Million Euro zurückgefahren werden. Die Steigerungsraten sind im Rhein-Sieg-Kreis seit Jahren überdurchschnittlich hoch (seit 1999 plus 31,9 %). „Das ist angesichts der Beschränkungen, die sich die Kommunen auferlegen müssen, völlig inakzeptabel“, betont Müller. Insbesondere ist festzustellen, dass die einzelnen Ansätze bei der Durchführung des Haushaltes bei weitem nicht ausgeschöpft werden. Müller: „Das riecht gewaltig nach versteckten Sparkästchen, die für andere Zwecke später herangezogen werden können. Diese Schlupflöcher müssen gestopft werden.“

Sauer aufgestoßen ist den Sozialdemokraten auch die „gigantische Steigerung“ der Kosten für Öffentlichkeitsarbeit. Ausgehend vom Rechnungsergebnis 2000 zum Haushaltsentwurf 2002 klettern die Ausgaben um 127 %; in Zahlen: Ergebnis 2000 = 120.000 Euro, Entwurf 2002 = 273.000 Euro. Unklar ist auch die Kostenentwicklung der Kreis-Garage. Während sich die Personalausgaben verdoppeln, ergibt sich bei den Sachkosten sogar eine Verdreifachung innerhalb eines Haushaltsjahres. Dagegen wurde der Unterabschnitt „Katastrophenschutz“ im Haushaltsentwurf halbiert.

Stellung nimmt die SPD-Kreistagsfraktion auch zu den Änderungsvorschlägen der CDU. Auch diese hatte festgestellt, dass Personal-, Sach- und Betriebskosten sowie die einzelnen Budgets der Verwaltungsstellen viel zu hoch angesetzt waren. Sonst könnte man sich die Reduzierungsvorschläge von 2,4 Millionen Euro in diesem Zusammenhang nicht erklären. Peter Ralf Müller spricht eine deutliche Sprache: „Entweder sind diese drastischen Veränderungen des Etat-Entwurfs eine schallende Ohrfeige für den für diesen Entwurf verantwortlichen Landrat. Oder es ist ein abgekartetes Spiel, wonach der Landrat einen aufgeblasenen Entwurf mit dezenten Hinweisen auf Sparpotential einbringt, um seiner CDU anschließend die Rolle des Sparkommissars überlassen zu können. In jedem Fall Anlass für einen schweren Verweis für diesen Landrat, dessen Haushaltsentwurf jetzt zerrupft wurde, wie kaum ein vorheriger.“

In die Sachinhalte scheint die CDU jedoch nicht eingegangen zu sein, da sich ihre Veränderungen im wesentlichen auf globale Absetzungen beschränken. Dies sei zwar zulässig, jedoch unzureichend. Deswegen geht der SPD der Antrag der CDU zur weiteren Reduzierung der allgemeinen Kreisumlage um 0,25 %-Punkte nicht weit genug. 0,41 %-Punkte sollen es nach dem Willen der Sozialdemokraten sein, so dass die Kommunen gegenüber dem Entwurf des Landrates um rund zwei Millionen Euro entlastet würden. Wenn darüber hinaus gemäß Vermutung der CDU durch eigenverantwortliche Bewirtschaftung der Budgets weitere 1,2 Millionen Euro im Laufe des Jahres eingespart werden können, sollen sie dann tatsächlich an die Kommunen ausgeschüttet werden.