Müllaffäre im Rhein-Sieg-Kreis

Tief bestürzt äußert sich die SPD-Kreistagsfraktion über die Müllaffäre im Rhein-Sieg-Kreis. Zugleich fühlt sie sich in manchen Zweifeln bestätigt, die sie über viele Jahre hinweg an der Art der Prüfung der RSAG-Geschäftsführung vorgetragen hat.

Schon 1990 hatte Heinz Hilden für die SPD-Gruppe im Aufsichtsrat beantragt, nach 7 Jahren einmal die mit der Prüfung der Jahresrechnung beauftragte Gesellschaft zu wechseln. Vergeblich. Auch in späteren Jahren wiederholt und vergeblich, wenn auch mit immer wechselnden Begründungen, die ehrenamtliche Aufsichtsratsmitglieder an die Grenze ihrer Möglichkeiten führen.

Geradezu tragisch in diesem Zusammenhang ist die heutige Kenntnis, dass derjeni-ge Vertreter der Prüfungsgesellschaft, der persönlich im Aufsichtsrat sieben Mal die Jahresprüfungsergebnisse vortrug und Bedenken der KreisSPD zu entkräften versuchte, Herr Pago, durch fragwürdige Kontakte zum Bonner CDU-Fraktionschef und Müll-Affäristen Schreiber auffiel und seine Glaubwürdigkeit verspielt hat.

Fragwürdig zudem, dass die Prüfungsgesellschaft BDO nicht nur 17 Jahre lang die RSAG prüfte, sondern auch seit mindestens 10 Jahren die Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft RSVG, seit mindestens 10 Jahren den Wahnbach-Talsperrenverband (Verbandsvorsteher Kühn), seit 9 Jahren die Wohnungsbaugesellschaft des Kreises und 6 Jahre lang auch die Straßenbahngesellschaft SSB. „Wer sich derartig einseitig und stur einer kritischen Prüfungsvielfalt verschließt, muss sich nicht wundern, wenn er heute angesichts der jahrelang unaufgedeckten Machen-schaften des Geschäftsführers in Erklärungsnot gerät“, betont Gerhard Diekmann, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion.
Diese Frage muss sich auch Landrat Kühn gefallen lassen, der als Chef der Kreis-verwaltung und geborenes Aufsichtsratsmitglied eine besondere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und ihren Kunden trägt. Zumal das Rechnungsprüfungsamt des Kreises schon 1988 von der SPD aufgefordert wurde, auch die von der RSAG abgeschlossenen Verträge zu prüfen.

Wenig erfolgreich war Kühn bei der Frage einer direkten abfallwirtschaftlichen Ko-operation zwischen dem Rhein-Sieg-Kreis und der Stadt Bonn sprich zwischen RSAG und Stadtwerken Bonn. Während die beiden öffentlichen Gesellschaften mangels Einigung auf einen angemessenen Preis für die langfristige Restmüllentsorgung nicht zueinander kamen, gelang Müll-Multi und Rekord-Kautionär Trinekens die Entsorgung des Rhein-Sieg-Mülls im Bonner Müllofen offenbar problemlos.

Dass es auch noch (scheinbar) preiswerter gelang, versetzte schon damals die SPD-Gruppe im Aufsichtsrat in Fassungslosigkeit. Wer heute weiß, dass in Bonn Herr Schreiber und im Rhein-Sieg-Kreis Herr Meys für Müll zuständig waren, braucht sich um spontane Phantasie, wie es wohl gelaufen sein könnte, nicht zu sorgen.

Die KreisSPD hatte im März 1997 trotz aller Bedenken zur Vermeidung von weiteren Monopolisierungstendenzen in der Müllbranche im Rheinland dafür plädiert, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit Bonn abzuschließen und nicht die europaweite Ausschreibung vorzunehmen, aus der Multi Trienekens als Sieger hervorging. Selbstverständlich hat die SPD der Vergabe an Trienekens ebenfalls die Zustimmung verweigert.

Scharfe Kritik übt die SPD an Grünen-Fraktionssprecher Horst Becker. Dieser, so SPD-Sprecher Gerhard Diekmann, spiele jetzt den Entrüsteten in Sachen Meys-Affäre. Dabei gehörte Becker noch im Frühjahr des vergangenen Jahres zu der Mehrheit im Aufsichtsrat, die nicht nur Meys’ Vertrag bis April 2003 verlängerte, sondern ihn auch noch einmal kräftig höhergruppierte. „Wo war damals der kritische Geist Beckers? Nur die SPD hatte aus ihren vielfältigen Vorbehalten gegen den jetzt Verhafteten keinen Hehl gemacht.“