Zahlenpoker statt solider Finanzpolitik

Als einen „Versuch, sich aus der Verantwortung herauszumogeln“, versteht die SPD-Kreistagsfraktion das Vorhaben von Landrat Frithjof Kühn (CDU), wie er erstmals in der Geschichte des Rhein-Sieg-Kreises einen Doppelhaushalt einzubringen gedenkt. Der Landrat wolle auf diese Weise das heikle Thema der Kreisfinanzen vertagen, um bei den bevorstehenden Kommunalwahlen Ruhe zu haben. Das tiefgreifende strukturelle Finanzproblem des Kreises werde offenbar mit Absicht ausgeblendet.

Ein solcher Doppelhaushalt für die Jahre 2004 und 2005, wie ihn Landrat Kühn am 16. Oktober in den Kreistag einbringen will, wäre für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter-Ralf Müller „eine reine Mogelpackung“. Der Landrat verschiebe wieder einmal seine Hausaufgaben auf später: „Es ist leicht erkennbar, dass er Ruhe haben will, bis die Landratswahl stattgefunden hat.“ Das für 2004 veranschlagte Defizit von 10 Millionen Euro werde nicht wirklich abgebaut.

Unabhängig von der Idee, das Instrument eines Doppelhaushaltes anzuwenden, würden „keine Lösungsansätze vorgelegt“, erklärt der finanzpolitische Sprecher der SPD im Kreistag, Sebastian Hartmann, und verdeutlicht die ablehnende Haltung seiner Fraktion: „Es macht alles noch schlimmer, dass Prioritäten falsch gesetzt oder gar keine Prioritäten gesetzt werden. Die Ausgaben unseres Kreises explodieren. Die Personalausgaben beispielsweise steigen Jahr für Jahr, während Kommunen sie einfrieren müssten: Im Kreis werden Steigerungen von 2,2 Millionen Euro für 2004 und weitere 2,2 Millionen Euro fürs Folgejahr angesetzt.“ Auch der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) entpuppe sich immer deutlicher als „undurchsichtiges Millionengrab“, das jedes Jahr mehr schlucke.

"Trotz der Lippenbekenntnisse des Landrates werden die Jugendamtsumlage oder die Mehrbelastung im Bereich ÖPNV die kreisangehörigen Kommunen mit voller Wucht treffen", warnt Fraktionschef Ralf-Peter Müller. Obwohl die 19 Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises mehr Kosten im Rahmen der Sozialhilfe übernommen hätten, fände keine realistische Entlastung über die Kreisumlage statt. „Die Kosten des öffentlichen Personennahverkehrs aus dem Jahr 2003 schlagen im Jahr 2004 wegen der Verschiebung der Aufwandsdeckung voll ein“, beanstandet Müller. Dies sei „keine vernünftige Finanzpolitik“ mehr, hier arbeite jemand „mit billigen Taschenspielertricks“.

In die gleiche Kerbe schlägt Sebastian Hartmann. Was auf der Ausgabenseite schief sei, bleibe auf der Einnahmenseite ebenso schief. „Mit einer kräftigen Portion Optimismus wird hier die Welt schön gerechnet“, kritisiert Hartmann, „zentrale Elemente der Einnahmestruktur sind im Augenblick bloße Referentenentwürfe, ob das nun das erwartete Gemeindefinanzierungsgesetz (GfG) ist oder das Hartz-Konzept.“ In welchem Maße diese Planungen realisiert würden, sei derzeit nicht abzuschätzen. Risiken drohten insbesondere durch die Vielstimmigkeit der Bundes-CDU, die mal dafür, mal dagegen stimme und oft ohne Meinung sei. „Betrachten wir nur die Eckdaten, steht der Haushalt schon auf tönernen Füßen – ein Risiko, dass weder Bürgerinnen und Bürgern, noch den Mitarbeitern des Kreises zugemutet werden kann“.