Es gilt das gesprochene Wort!
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Kühn!
Am 18. Dezember 2003 war es die Schlagzeile:
Erster Doppelhaushalt in der Geschichte des Rhein-Sieg-Kreises.
Im März 2004 folgte die nächste Schlagzeile:
Spektakuläre Nichtgenehmigung des Haushalts durch die Kommunalaufsicht.
Eigentlich ein Signal inne zu halten und selbstkritisch das bisher praktizierte Strickmuster auf den Prüfstand zu stellen.
Aber was passierte: im Eilverfahren wurde gesammelt – addiert und umge-legt!
Dieses Prinzip gehört zur RSAG, in den Schredder, gehört entsorgt.
Selbstkritik, Selbstverantwortung, Selbstbeschränkung –
das hätte man daraus lernen und die Konsequenzen zumindest für den Haushalt 2004 ziehen müssen.
Der Entwurf für 2004 wird aber wieder nach dem uralten Strickmuster erstellt: alle anderen sind schuld, Bund, Land, Hartz …., nur der Kreis selber nicht.
Dabei ist doch offensichtlich, dass Sie Herr Landrat das strukturelle Defizit selber verantworten:
Ein sich weiter aufblähender Personaletat ohne Vorlegen eines neuen Stel-lenplans. Rasant steigende Sach- und Betriebskosten – neue Schulden – we-niger Perspektiven.
Es macht kaum noch Sinn, die Lösungsansätze immer und immer wieder zu wiederholen – sinnvolle Anträge von FDP und SPD werden sowieso ohne konstruktive Prüfung abgelehnt!
Ich spare mir auch die Zeit, die Rede zum Doppelhaushalt zu wiederholen – Sie können das ja im Protokoll nachlesen und uns gratulieren, dass wir Punkt für Punkt Recht behalten haben!
Lassen Sie mich daher die Scheinwerfer auf neue Baustellen richten:
ÖPNV:
Die Entwicklung der ÖPNV-Umlage ist alarmierend. Sie steigt und steigt und steigt und die Leistungen sinken.
Das hat die Umfrage des Generalanzeigers eindrucksvoll bestätigt.
Für diese Entwicklung haben die Kommunen im Kreis kein Verständnis. Die CDU-Mehrheit in diesem Kreistag nimmt diese Entwicklung seit Jahren in Kauf und nicht zum Anlass, ihre Vorstellungen zu ändern. Ist Ihnen eigentlich bekannt, Herr Landrat, dass es in vielen Ortschaften in diesem Kreis über-haupt keine ÖPNV-Verbindungen gibt. Man könnte auch sagen: ganze Teile des Rhein-Sieg-Kreises sind „ÖPNV freie Zonen“. Diese Tatsache beobach-ten wir vor allem im ländlichen Teil unseres Rhein-Sieg-Kreises. Wer kein Auto hat, ist nicht mehr mobil und auf die Hilfe anderer angewiesen.
Auf diesen Missstand weisen wir schon seit Jahren hin, nichts geschieht.
Die Versorgung mit herkömmlichen Linienbussen ist nicht geeignet, einen modernen ÖPNV zu garantieren. Alternative Busverkehre müssen her, wie dies in vielen Nachbarkreisen geschieht.
Unsere einzige Schnellbuslinie Niederkassel-Bonn fährt mit großem Erfolg.
Warum nicht mehr Initiative in dieser Richtung, Herr Landrat?
Sie nehmen eine extreme Steigerung der ÖPNV-Umlage in Kauf, die unsere Städte und Gemeinden bezahlen müssen und senken noch die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger.
Wirtschaftsförderung:
Die Wirtschaftsförderung steht für uns als SPD-Kreistagsfraktion nach wie vor mit an 1. Stelle.
Wir brauchen mehr Arbeitsplätze. Wir müssen vorhandene Arbeitsplätze zu-kunftssicher machen.
Wir müssen für die Zukunftsfähigkeit unserer Unternehmen im RSK mehr tun.
Einer unserer Schwerpunkte liegt auf die Sicherung und Bereitstellung von Fachkräften für unsere Unternehmen und die Existenzgründer. Gerade unter demografischen Gesichtspunkten müssen wir hier für die Zukunft vielfältige Anstrengungen unternehmen.
Lebenslanges Lernen muss von den Betrieben, aber auch von der Mitarbei-tern praktiziert werden. Auch Arbeitnehmer sollten lebenslanges Lernen als Investition in die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes begreifen.
Bei einer hohen Zahl der Existenzgründer müssen wir mehr unternehmen, um die Überlebenschancen zu erhöhen und verbessern. Untersuchungen zeigen, dass geförderte und gut beratende Existenzgründer eine höhere Ü-berlebenschance haben und sich schneller und besser auf dem Markt be-haupten können.
Weiter fordern wir die Betreuung und Förderung der Ausgründungen aus Fachhochschulen und Hochschulen
und Instituten zusammen mit der Stadt Bonn im Verbund intensiver zu unter-stützen, wie dies andere Regionen bereits tun.
Wir müssen die Kooperation der Kreiswirtschaftsförderung mit der kommuna-len Wirtschaftsförderung in der Kommunen weiter intensivieren. Die Anstren-gungen müssen hierbei in die gleiche Richtung gehen.
Wir müssen aus den Chancen, die unsere Region bietet, gemeinsam mehr machen. Wir müssen mehr in Qualität investieren.
Wir brauchen eine Wirtschaftsförderung, die auf Zukunftsfähigkeit und Nach-haltigkeit angelegt ist.
Dafür werden wir auch in Zukunft als SPD stehen.
Wofür wir als SPD allerdings nicht stehen ist das Chaos der CDU bei der
BRS Bonn/Rhein-Sieg Beteiligungsgesellschaft:
Kreis gegenüber Troisdorf, Troisdorf gegenüber Siegburg, Siegburg gegen-über TroiKomm.
Landrat (CDU) gegenüber Bürgermeister (CDU), Bürgermeister gegenüber CDU-Fraktionschef, CDU-Fraktionschef gegenüber Geschäftsführer (übri-gens auch CDU).
Da werden nicht öffentliche Sitzungen mit hohem Theaterwert veranstaltet, zumindest für die Zuschauer der SPD, die dort kein Stimmrecht haben.
Ob das unwürdige Gerangel um den WTV, ob die amateurhafte Bestellung des Geschäftsführers oder die Bürgschaft der TroiKomm: das ist nicht zu toppen an Managementdefizit, Herr Kühn!
Selbst Ihre treu ergebene CDU-Fraktion hat die Reißleine gezogen und Ih-nen die tiefgelbe Karte gezeigt. Bemerkenswert!
Zusammenfassend ist folgendes festzustellen:
Weder Sie Herr Kühn, noch Bürgermeister Uedelhoven und TroiKOMM Ge-schäftsführer Blatzheim haben offensichtlich die große regionale Verantwor-tung der Beschlüsse im Oktober zur Gründung der BRS im Schnellverfahren verstanden und wahrgenommen.
Unterschiedliche Bewertungen machen das Interessengerangel deutlich, kei-nesfalls aber regionale Zukunftsverantwortung. Dies geht im Interessen-Klein-Klein der absoluten CDU-Mehrheit im Rhein-Sieg-Kreis unter.
Die Verträge sind teilweise ungenau gearbeitet und bedürfen der nachträgli-chen Richtig- bzw. Klarstellung.
Hier wurde mit ´heißer Nadel´ gestrickt – die Folgen sind derzeit ersichtlich!
Insoweit muss man Herrn Horst Becker Recht geben.
Herr Landrat, die SPD-Kreistagsfraktion hat am 16.10.2003 dem Beschluss zur Gründung der regionalen Energiegesellschaft zugestimmt.
Aber was Sie und andere führende Kräfte Ihrer absoluten CDU-Mehrheit seit Wochen und Monaten aus diesem wichtigen Beschluss für unsere Region machen, stößt auf unsere Ablehnung.
Nach der Posse um die Benennung des 2. Geschäftsführers der EnW, dem wir im Interesse unserer Region eine gute Hand wünschen, gingen die Cha-ostage weiter.
Doch der vorerst hoffentlich letzte Akt in diesem Possenspiel schlägt dem Fass den Boden aus:
Herr Landrat: Ihr eigener Beschlussvorschlag für die Sitzung des Finanzaus-schusses am 8.6.2004 wurde zu Recht auf massiven, wochenlangen Druck der Opposition unabhängig geprüft!
Das Ergebnis ist erschütternd: Eine Schädigung des Kreisvermögens bei einem Verzicht auf die vereinbarte Bürgschaft der Troisdorfer TroiKomm ist nicht auszuschließen.
Das i-Tüpfelchen: Wenn die Kreistagsabgeordneten Ihrem Vorschlag, Herr Kühn, gefolgt wären, so hätten Sie diesen Beschluss selbst beanstanden müssen!
Dann hätten Sie gegen sich selber klagen müssen, einfach superklug!
Die zentrale und eine Ihrer wichtigsten Aufgaben ist: Sicherung des Kreis-vermögens im Interesse aller Kommunen. Ich betone aller Kommunen und nicht nur einer, in der Sie Ihre Mehrheit mit Recht schwinden sehen und Ihre Parteifreunde nur ungern im Regen stehen lassen.
Das ist aber nicht der Maßstab, den ein Kreistag bei der Beurteilung regiona-ler Politik- und Vertragskonstruktionen im Sinne aller Beteiligten anlegen muss.
Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn man Sie hier einfach hätte machen lassen.
Ausnahmsweise jedoch etwas Anerkennung:
Endlich wurde mit einem externen Gutachten mal fremder und dort vorhan-dener Sachverstand einer Steuerberatung und Rechtsberatung eingesetzt, um Ihre Vorschläge prüfen zu lassen. Sehr gut. Das fordern wir schon lange, erinnern wir uns an das Personalkonzept, zu dem Sie bis heute keine Lust hatten.
Ärgerlich ist jedoch, dass eben dieses Gutachten eigentlich überflüssig war. Denn wenn Sie in den letzten Monaten nur EIN EINZIGES MAL im Finanz-ausschuss gewesene wären, hätten Sie die Kritik und Bedenken der Opposi-tion von Bündnis 90/Grüne, FDP und SPD gehört.
Wenn Sie dieser Kritik dann auch noch gefolgt wäre, hätten wir uns das Gut-achten sparen und das Geld sinnvoller einsetzen können. Das nächste Mal kommt (leider) bestimmt – bedenken Sie diesen Vorschlag: Auch die Opposi-tion sollte beteiligt werden – es kann offensichtlich nicht schaden!
Die Krönung des Ganzen ist allerdings die Art und Weise, wie die Bera-tungsunterlagen die Mitglieder des Finanzausschusses zu welchem Zeit-punkt erreicht haben:
Am Samstag vor dem Finanzausschuss,
für die Sitzung des Finanzausschusses am folgenden Dienstag, dem 8. Juni fanden wir ein Paket des Landrates in der Post:
50 Seiten Vertragsentwurf mit dem Ziel, der TroiKomm entgegen zu kommen und den fremden Vorschlägen zu folgen.
Am Dienstag eine Stunde vor der Sitzung dann ein neues 50-Seiten-Paket , mit dem genau gegensätzlichen Inhalt, der TroiKomm doch nur teilweise zu folgen:
Ob Unfähigkeit oder Ignoranz hier überwiegen ist letztendlich gleichgültig. Ein souveräner Landrat geht mit seinen parlamentarischen Gremien anders um.
Übrigens auf Antrag der CDU-Fraktion – die wusste einfach nicht mehr weiter in dem Chaos – haben wir uns dann auf den Kreisausschuss vertagt!
Die Zusammenfassung Ihrer Vorlage zur Sitzung des Finanzausschusses las sich noch unter dem Motto „geht gerade noch“.
In der Anlage zur Zusammenfassung war dann das Gutachten von unabhän-giger dritter Seite:
Da stand allerdings etwas ganz anderes!
Stören Sie die parlamentarischen Gremien bei Ihrer gutsherrlichen Art, so dass Sie deren Kontrollaufgabe faktisch aushebeln?
Eine Menge CDU-Vertreter haben diese Sicherungsmechanismen in eige-nem Interesse nämlich im Gegensatz zur SPD nicht beachtet: Sehen wir nach Bonn und Köln: Dort mit fatalem Ausgang.
Abschließend noch ein paar Bemerkungen zum Kreisvermögen, zu den RWE-Aktien:
Da schlummern fast 70 Millionen Euro (1.863 Mio. Aktien a fast 40 Euro) auf dem Sparbuch des Kreises. Da träumen die Städte und Gemeinden von.
Und Sie weigern sich beharrlich, damit Schulden abzubauen und neue Schulden zu verhindern.
Das versteht keiner mehr – jeder private Haushalt würde in vergleichbarer Situation anders handeln: lieber das Sparbuch einbringen als in die Schul-denfalle zu tappen. Falls ein Sparbuch vorhanden ist.
Es ist ja aus rheinischer Sicht schon fast peinlich, in diesem Zusammenhang auf Düsseldorf zu verweisen. Die trennen sich jetzt von ihrem RWE-Aktiendepot mit dem CDU-Oberbürgermeister Erwin an vorderster Front.
Es ist tragisch: Dieser Haushalt rettet Sie nur über die Kreistagswahl, danach wird ein Kassensturz folgen, der Bürgermeistern in den Kommunen die Trä-nen in die Augen treiben wird.
Das Motto: „Politik für den Moment, an Morgen denke ich nicht!“
Die SPD-Kreistagsfraktion lehnt den Verwaltungs-, den Vermögenshaushalt und den Investitionshaushalt ab, den Stellenplan können wir nicht ablehnen, weil keiner vorgelegt wurde! Wir tun es aber trotzdem mit der Ablehnung des Gesamthaushalts.
Lassen Sie mich abschließend noch den Wunsch äußern, dass alle Parteien im anstehenden Wahlkampf zur Kommunalwahl am 26. September fair und anständig miteinander umgehen, bei allem Streit in der Sache.
In diesem Sinne – schöne Ferien!