„Die Würfel sind gefallen, die Hartz-Reform ist durch“, freut sich der Landratskandidat und Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Peter-Ralf Müller, und fügt hinzu: „Das ist auch ein guter Tag für die Familien und die Alleinerziehenden.“ Die Bundesregierung hat am 14. Juli den Entwurf des Gesetzes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (TAG) verabschiedet und damit den Kommunen signalisiert, dass sie freiwerdende Mittel für die Kinderbetreuung einplanen können. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Kleinkindern unter drei Jahren.
„Es ist absolut richtig, dass die Bundesregierung das Thema Kinderbetreuung auf ihre Agenda 2010 gesetzt hat“, sagt Peter-Ralf Müller, „wenn wir nicht bald mehr für die Kinder und Familien tun, bleiben wir im europäischen Vergleich Schlusslicht bei der Kinderbetreuung.“ Es helfe nicht, der alten Großfamilie nachzutrauern, die Gesellschaft müsse sich auf neue Familienstrukturen einstellen und neue Betreuungsangebote schaffen. Das neue Gesetz, das nun wie geplant zum 1. Januar 2005 in Kraft treten kann, bedeute eine solide Förderung der Kinder und sichere die Innovationsfähigkeit unserer Gesellschaft. Mit der Einigung im Vermittlungsausschuss und der Billigung der so genannten Hartz IV-Reform durch den Bundesrat war am 9. Juli die Blockade durch die CDU zusammengebrochen.
„Finanziert wird das Ganze aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II“, erklärt der jugendpolitische Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion, Immo Hauser, „danach garantiert der Bund den Kommunen Einsparungen von 2,5 Milliarden Euro, wovon sie ab 2005 jährlich bis zu 1,5 Milliarden nehmen sollen, um die Betreuung der Kinder unter drei Jahren auszubauen.“ Ziel sei, bis zum Jahr 2010 den westeuropäischen Standard zu erreichen. Während Ostdeutschland heute schon das angestrebte Versorgungsniveau bietet, müssen die westlichen Bundesländer das Angebot mit 230.000 Plätzen mehr als vervierfachen. Das geht nur stufenweise, weshalb auch von einer Versorgungsquote oder einem Rechtsanspruch auf Tagesbetreuung für die unter Dreijährigen abgesehen wurde.
„Die Verbesserung der Kinderbetreuung liegt mir sehr am Herzen“, gesteht Peter-Ralf Müller, „denn auch wir im Rhein-Sieg-Kreis bekommen die gesellschaftlichen Veränderungen zu spüren.“ Die Fachleute vom Sozialamt, Jugendamt und den psychologischen Betreuungsdiensten würden immer öfter als Feuerwehr gerufen und müssten helfen, weil Kinder in der Familie nicht mehr angemessen betreut und erzogen würden. „Wir müssen den Paaren die Entscheidung fürs Kind leichter machen und die Infrastruktur so ausbauen, dass auch Alleinerziehende ihre Berufstätigkeit und die Kindererziehung unter einen Hut bringen können“, fordert der Landratskandidat überzeugt.
Wie Immo Hauser schildert, hat die SPD im Kreistag wiederholt um Prüfung der Betreuungskapazitäten gebeten. Auf einen Antrag der SPD-Fraktion vom 12. Dezember 2003 reagierte die Kreisverwaltung im Mai mit der Vorlage einer Statistik, die zumindest die Plätze für unter Dreijährige in Tageseinrichtungen der Kreiskommunen auflistete. Die Versorgungsquote an Plätzen im Kreisgebiet ist demnach beschämend gering: Nur für weit weniger als ein Prozent der Kinder unter drei Jahren gibt es Plätze in öffentlichen Einrichtungen. Siegburg, mit 35 Tagesplätzen Spitzenreiter der mageren Statistik, eröffnete zum 1. Juli ein eigenes Jugendamt. Nun, nach dem Ausstieg der Kreisstadt, haben die restlichen 13 Städte und Gemeinden, die noch unter der „Obhut“ des Kreisjugendamtes bleiben, gerade mal 63 Plätze für Kleinkinder in Tageseinrichtungen zu bieten. Bad Honnef, Königswinter, Much, Neunkirchen-Seelscheid, Rheinbach, Ruppichteroth und Swisttal verfügen über keinerlei öffentliche Tagesplätze für Kinder unter drei Jahren.
Freilich überlässt es der Gesetzgeber den Ländern und Kommunen, ob Tagesmütter oder öffentliche Einrichtungen wie die Kindergärten die Versorgung übernehmen. Die SPD-Kreistagsfraktion beauftragte deshalb die Verwaltung, den Betreuungsbedarf konkret zu analysieren und zu klären, welche Alternativen wie etwa die Tagespflege zur Verfügung stehen. „Die Sozialdemokraten haben sich im Jugendhilfeausschuss durchgesetzt“, berichtet Immo Hauser, „wir haben erreicht, dass die Sache aufgearbeitet wird und nicht von der Tagesordnung verschwindet.“
„Ich will nur hoffen, dass die CDU, nachdem sie auf Bundesebene lange genug die Hartz-Reformen blockiert hat, nicht in der Kommunalpolitik erneut als Bremser auftritt“, mahnt Landratskandidat Peter-Ralf Müller, „zügige Bedarfsplanung und Umsetzung vor Ort sind jetzt unerlässlich, damit die Mittel rechtzeitig und zielgerichtet verwendet werden.“