Die Wahnbachtalsperre als Spielball der Konzerne

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Kreistag, Peter-Ralf Müller, warnt davor, die Wahnbachtalsperre dem Profitinteresse der Energie- und Wasserwirtschaft unterzuordnen und Abstriche bei der Trinkwasserqualität zuzulassen. Der amtierende Landrat dulde, dass die Talsperre zum Spielball von Konzernen werde und dass Sparmaßnahmen eines Tages zu einer Verminderung der Trinkwasserqualität führten. Diskussionen über eine neue Großfusion und über die mögliche Schließung der Phosphor-Eliminierung sorgten für Unmut in der Bevölkerung.

„Weil ich für das Amt des Landrats kandidiere, werden mir verstärkt Sorgen und Nöte vorgetragen“, berichtet Peter-Ralf Müller, „viele Menschen machen sich zum Beispiel Gedanken über die Zukunft der Talsperre und der Wasserversorgung im Rhein-Sieg-Kreis.“ Für großen Unmut sorgen nach Ansicht des sozialdemokratischen Landratskandidaten Äußerungen aus Vorstandskreisen, die auf weitere Fusionspläne bei der Energie- und Wasserversorgung hindeuten. Der Riese GEW RheinEnergie AG verhalte sich zu Wahlkampfzeiten zwar ruhig, es sei aber offenbar nur eine Frage der Zeit, bis er sich neue Filetstücke einverleibe. Der Kölner Konzern protzt mit seinem „Konzept der regionalen Kooperation“ und ist bereits mit 13,71 Prozent an der SWB Energie und Wasser beteiligt, einer Tochtergesellschaft der Stadtwerke Bonn GmbH (SWB). GEW-Vorstandsvorsitzender Helmut Haumann sprach bereits im Juni bei der Jahrespressekonferenz seines Konzerns von einer „weiteren Dynamisierung der energiewirtschaftlichen Kooperation in der gesamten Region“ und deutete unlängst in Fernsehinterviews an, man werde die Kommunalwahlen abwarten, um dann über eine Fusionierung von SWB und GEW zu sprechen. Der Weg zu einem Mammutverbund dürfte GEW-Chef Haumann nicht schwer fallen, schließlich ist er gleichzeitig stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der SWB Energie und Wasser.

„Um mal ein Stimmungsbild wiederzugeben, die Wähler sehen hier erneut Klüngel hinter den Fassaden und ahnen, dass sie als Stimmenvieh missbraucht und nach der Wahl vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollen“, kommentiert Peter-Ralf Müller die Fusionsideen. Früher oder später könnten SWB und Wahnbachtalsperre einem aufgeblähten Konzern gehören, für den die Trinkwasserqualität keine Priorität mehr habe. Die Enttäuschung in der Bevölkerung reiche bis zu Forderungen, über die Wahlkampfplakate von Landrat Kühn einen Zettel kleben zu lassen mit dem Hinweis „Dieser Mann hat unsere Talsperre verscherbelt“. Tatsächlich hat Frithjof Kühn (CDU) die Verhandlungen zur 112 Millionen Euro schweren Fusion „Energie und Wasser Bonn/Rhein-Sieg“ (EnW) dadurch entschieden, dass er den SWB die Betriebsführung des Wahnbachtalsperrenverbandes (WTV) als „Bonbon“ anbot. Experten schätzten den Wert des WTV-Bonbons auf 19,5 Millionen Euro.

Die Befürchtung, es könnte zu Qualitätseinbußen beim Trinkwasser kommen, ist nach Auffassung der Sozialdemokraten nicht von der Hand zu weisen. Der WTV versorgt rund eine Million Menschen im Rhein-Sieg-Kreis, in der Bundesstadt Bonn und dem Landkreis Ahrweiler mit erstklassigem Trinkwasser und er genießt als Körperschaft des öffentlichen Rechts, die keine Gewinne erwirtschaften darf, großes Vertrauen in der Bevölkerung. Das äußert sich nicht zuletzt im regen Interesse am alljährlich stattfindenden Tag der offenen Tür. Dieses in vielen Jahren erworbene Vertrauen könnte indes arg erschüttert werden, befürchtet der Landratskandidat, denn mit der Übertragung der Betriebsführung an die SWB werde die Trinkwasserherstellung in die Hände einer GmbH gelegt, deren Philosophie nun die Gewinnmaximierung sei. Mit einer weiteren Großfusion werde dieses Problem nur noch virulenter.

„Wenn plötzlich an allen Ecken und Enden gespart werden muss, wundert es nicht, dass aus den Unternehmensetagen bereits Planspiele wie eine Schließung der Phosphor-Eliminierung nach außen dringen“, erklärt Peter-Ralf Müller. Nach Informationen des sozialdemokratischen Landratskandidaten soll diskutiert worden sein, die Anlage nach einer gewissen Zeit außer Betrieb zu nehmen, weil es zu aufwendig und kostspielig sei, das Wasser erst zu filtern und dann in den Stausee zu schicken. Die Phosphor-Eliminierungsanlage in Neunkirchen filtert bei normalem Wasserstand Trüb- und Schwebstoffe aus dem gesamten Vorsperrenwasser und pumpt es vorgefiltert in den Stausee, so dass das einfließende Wasser beinahe schon Trinkwasserqualität hat. Damit wird das Algenwachstum verhindert. „Sollte die Eliminierungsanlage dichtgemacht werden, könnte sich die Talsperre binnen zehn, zwanzig Jahren in einen Schlammtümpel verwandeln“, meint der SPD-Politiker. Bilder aus früheren Jahrzehnten, als Teppiche mit Rotalgen auf dem Stausee schwammen, würden dann wieder aktuell.