Im Kreis Siegen-Wittgenstein sind sozialpolitische Standards gesetzt, für die wir hier wohl noch lange kämpfen müssen. Dieses Fazit zieht Harald Eichner, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion, nach einer Fahrt in den Nachbarkreis. Die politischen Verhältnisse beider Kreise sind vergleichbar, so Eichner, aber dort hat auch die CDU-Mehrheit die Sozialpolitik als wichtigen Standortfaktor erkannt und gemeinsam mit der SPD-Opposition bedeutende Projekte in Angriff genommen.
Wie auch im Rhein-Sieg-Kreis steigt in der Siegener Region die Zahl der alten Menschen und vor allem der Hochbetagten und damit auch der Anteil der Pflegebedürftigen. Da gleichzeitig die Zahl potenziell pflegender Angehöriger auf Grund von Abwanderung und Erwerbstätigkeit zurückgeht, bleibt eigentlich nur der Weg in Pflegeheime, und diese Unterbringungskosten belasten die örtlichen Sozialhilfeträger. In Siegen errechnete man eine Kostensteigerung bis zum Jahr 2020 in Höhe von 75 bis 100 Prozent. Daraufhin beschloss der Kreistag, keine zusätzlichen Heimplätze einzurichten und stattdessen die ambulante Versorgung der alten Menschen auszubauen. In jeder der elf Kreiskommunen wurden in den Rathäusern Senioren Service Stellen eingerichtet, besetzt mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie mit Verwaltungsangestellten, die rund um die Uhr den alten Menschen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, in Notlagen selbst helfend eingreifen oder in Absprache mit den Hausärzten, Sozialverbänden und Pflegestationen Hilfe organisieren. Das bedeutete hohe Investitionen, die aber letztendlich gering sind angesichts erwarteter Einsparungen in Höhe von 10 bis 15 Millionen Euro bis 2020.
Ein weiterer Schwerpunkt der kommunalen Zukunftsgestaltung in Siegen-Wittgenstein ist die Familienpolitik. Wir begreifen unsere Region als Familienstandort, und entsprechend handeln wir, erläuterte Sozialdezernent Kneppe den angereisten SPD-Kreistagsabgeordneten.
Dazu gehören zum Beispiel eine Vernetzung in der Jugendhilfe ebenso wie die Beratung und Hilfestellung von Familien in armutsnahen Milieus und Familien unterstützende Leistungen, z.B. im Freizeitbereich. Dazu gehört auch, dass die Elternbeiträge zu den Kitas in diesem Jahr um 50 Prozent abgesenkt wurden, und ab dem Jahr 2011 brauchen die Eltern überhaupt keine Eigenbeiträge zu leisten.
Unser Ziel ist es, eine der Familien freundlichsten Regionen zu werden, erläutert der Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein, Paul Breuer. Erster Schritt hin zu diesem Ziel war die Erstellung eines Familienberichts auf der Grundlage einer Abfrage von Daten zur Lebens-, Wohn-, Arbeits- und Freizeitsituation von Familien, denn die Kenntnis von deren Lebensformen und lagen ist Voraussetzung für effektives und Ziel orientiertes politisches Handeln auf kommunaler Ebene. Erst mit diesem Wissen ist die Identifizierung von familien- und sozialpolitischem Handlungs- und Gestaltungsbedarf im konkreten Lebensumfeld von Familien möglich.
Wir fühlen uns in unserem sozialpolitischen Konzept für den Rhein-Sieg-Kreis voll bestätigt, resümiert Harald Eichner. Was in der Siegener Region umgesetzt wurde, habe die SPD-Kreistagsfraktion seit langem, bislang aber leider vergeblich, gefordert: vorsorgende und unterstützende Angebote für ältere Menschen, Vernetzung von Gesundheits- und Jugendhilfe und zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden eine umfassende Familienberichterstattung. Wir empfehlen Landrat und Mehrheitsfraktion dringend, auch einmal einen Abstecher nach Siegen zu machen und sich von ihren Parteifreunden erklären zu lassen, wie über die kommunale Sozialpolitik die Lebens- und Standortqualität gesteigert werden kann.