SPD Kreistagsfraktion sieht Kreishaushalt in kritischer Verfassung
Der Rhein-Sieg-Kreis bleibt deutlich unter seinen Möglichkeiten
Erneut Chancen vergeben Perspektivlosigkeit ist Programm
Dramatische Lage der Kreisfinanzen seit über 7 Jahren bekannt
NKF – Eröffnungsbilanz nur Riesennebelkerze und Wolkenkuckucksheim
Die Sozialdemokraten sind über den Entwurf des Haushaltsplans 2009 des Landrats überrascht.
Fraktionsvorsitzender Sebastian Hartmann fasst diese Überraschung zusammen:
Wir haben mit viel gerechnet. Mit so einem mageren, perspektivlosen Ansatz jedoch nicht. Das ist ein Offenbarungseid des Landrats. Die Rahmenbedingungen des Haushalts und der Kreisfinanzen sind keine wirklichen Überraschungen. Seit 2003 mit der nur optischen Ausnahme des vergangenen, formal ausgeglichenen Haushalts 2008 ist der Kreishaushalt strukturell nicht ausgeglichen. Regelmäßig übersteigen Ausgaben die Einnahmen. Gebetsmühlenartig trägt Landrat Kühn vor, dass an der Misere immer wieder Land und Bund hinsichtlich Aufgabenverlagerungen Schuld seien. Dennoch trägt der Landrat allein die Verantwortung dafür, eigene Anstrengungen jenseits von Schuldzuweisungen vorzunehmen. Dramatischerweise wird dies erneut fahrlässig verspielt. Zahlreiche Chancen bleiben ungenutzt. Wir haben allein in den vergangenen Haushaltsjahren 35 Mio. Euro an Vermögen in Form von RWE Aktien einfach konsumiert, um die laufenden Ausgaben zu decken. Jedes Unternehmen, jede Privatperson, die so handeln, wäre in kurzer Zeit ruiniert.
Der Landrat verzichtet auf eigene Idee und ergeht sich in Schuldvorwürfen
Fraktionsgeschäftsführer Dietmar Tendler ergänzt: Der Kämmerer hat in seiner Haushaltsrede deutlich gemacht, dass der nun notwendige Griff in die Ausgleichsrücklage unredlich ist. Nahezu 13 Mio. müssen allein in diesem Haushaltsjahr entnommen werden, um die offenen Posten zu decken. Ganseuer erklärte: ´Das ist Geld, das nur auf dem Papier vorhanden ist.´ Das Problem bleibt, dass dieses Geld in Zukunft fehlen wird und dann in Form von Realgeld nachzuleisten ist. Hier macht es sich die Verwaltung viel zu einfach.
Sebastian Hartmann führt weiter aus: Einerseits verweisen Kühn & Co auf angeblich gute Rahmenbedingungen: Hohes Vermögen und Eigenkapital und zugleich eine landesweit niedrige Kreisumlage. Die Realität sieht anders aus. Die Ausgleichsrücklage wird in diesem Jahr schon in Höhe von 13 Mio. kräftig angegriffen. Bei den Kommunen sieht es noch düsterer aus. Obwohl die Kreisumlage niedrig ist, befinden sich die Rhein-Sieg Kommunen in Nothaushalten oder in Haushaltssicherungskonzepten. Hier passen Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammen. Offensichtlich trägt auch eine niedrige Umlage nicht wirklich dazu bei, dass es den Kommunen gut geht. Leidtragende sind die Kreisbürger. Viele kommunale Leistungen wurden in den vergangenen Jahren schon zusammengestrichen. Ob im Kulturellen oder im Sozialen Bereich, hier verlieren wir auch an Lebensqualität.
Dietmar Tendler, zugleich auch Vorsitzender des Bau- und Vergabeausschusses des Kreises, nimmt den einzigen, erkennbaren Ansatz des Landrats im Kreishaushalt auf: Endlich entdecken, nach zaghaften Versuchen im vergangenen Jahr, Kühn und seine schwarzgrüne Truppe das Thema Energieeinsparung. Ein offenes Wort: Wir Sozialdemokraten hätten uns diesen Ansatz früher, klarer und umfassender in den Vorjahren gewünscht. Seit 2005 und auch zuvor drängen wir auf eine höhere Priorität des Themas. Hier wird Umwelt geschont und Geld gespart. Auf den höchsten Aktienständen 2007 haben wir bereits im vergangenen Jahr angeregt, aus der Kapitalanlage RWE Aktien einen Fonds für Zukunft zu schaffen. Bildung, Investitionen und Vorsorge von Zukunftslasten waren die Themen. Der gesamte Ansatz wurde abgelehnt. Heute ist ein Teil des RWE Kreisvermögens im Rahmen der Finanzkrise einfach verbrannt und daher nur noch ein Bruchteil der Ansätze überhaupt noch zu realisieren. Hier haben Kühn & Co ganz klar versagt und sind verantwortlich. Das Thema ´Energieeinsparungen´ steht nun endlich auf der Agenda, aber die Konsequenz fehlt und der Verdacht ist gegeben, dass hier nur ein Ablenkungsmanöver von den wahren Problemen gefahren wird!
Ausblick: Neue Chancen ermöglichen Standort, Kinder, neue Schwerpunkte
Vizelandrat und SPD Spitzenkandidat Achim Tüttenberg wendet sich dem Ausblick auf die zukünftigen Herausforderungen zu: Es hilft kein Wehklagen oder der wehmütige Blick zurück. Die Situation ist ernst und jetzt heißt es Ärmel hochkrempeln und die Herausforderungen anpacken. Wenn wir die Rahmenbedingungen analysieren bieten sich klare und gute Chancen. Wir brauchen eine Revision der Ausgaben. Beispielsweise muss die Frage gestellt werden, ob wir in Chancen oder in Beton investieren wollen. Endlich werden wieder mehr Investitionen in Straßenbau und instandssetzung getätigt. Gut so – was komplett fehlt sind jedoch Zukunftsinvestitionen.
Nur die energetische Sanierung einer überschaubaren Zahl von Kreisliegenschaften ist zu wenig. Wir regen ein konkretes Entwicklungspaket für die obere Sieg an. Die Förderprogramme und Strukturmaßnahmen laufen derzeit aus. Hier wollen wir nachhaltige Investitionen in Bildungschancen, im sozialen Bereich und auch in der Schaffung in Zukunftsinfrastruktur ermöglichen. Dazu zählen für uns flächendeckende Verbesserungen von Standortfaktoren.
Der Ausbau des Hochgeschwindigkeitsinternets muss vorangetrieben werden, notfalls mit öffentlichen Förderungen, so dass sich mehr Unternehmen mit entsprechenden Anforderungen ansiedeln können. Struktur- und Arbeitsmarktförderung dort wo es hakt. Wir wollen mehr und besseren Technologietransfer. Hier darf der Rhein-Sieg-Kreis nicht nur Statistiken produzieren, hier muss sich die Wirtschaftsförderung neu und anders ausrichten. In kaum einer Region gibt es eine höhere Dichte von Forschungs- und wissenschaftlichen Einrichtungen. Die müssen wir enger an die Unternehmen führen, damit gute, tarifvertragliche Arbeitsplätze geschaffen werden.
Achim Tüttenberg vertieft den Ansatz: Wir müssen mehr über die Chancen in unserer Gesellschaft reden. Dem Haushalt fehlt hier jegliche Perspektive.
Der Haushalt ist das politische Programm eines Landrats, sein Bekenntnis zu den Zukunftsaufgaben. Die Chancen fangen bei den Kleinsten an. Wir wollen und werden über Beitragsfreiheit im Kindertagesstättenbereich reden. Das KiBiZ ist als Landesgesetz sozial ungerecht und ein gewaltiges Standort-Risiko für Nordrhein-Westfalen und damit auch den Rhein-Sieg-Kreis. Es bringt jetzt jedoch nichts, nur nach Düsseldorf zu sehen. Wir wollen ganz klare Weichenstellungen. Das bedeutet für den Bereich des Kreisjugendamts völlige Beitragsfreiheit der unteren Einkommen bis 24.500 Euro. Es darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängen, ob Kinder in diesem Kreis Bildungschancen haben. Bildung ist in Deutschland kostenfrei zu stellen. Wenn Bildung in Kindertagesstätten beginnt, fangen wir als Kreis hier auch an. Zweiter, klarer Ansatz. Wir wollen das dritte Kindergartenjahr beitragsfrei für alle Einkommensklassen stellen. Das kostet Geld, soll aber an die Voraussetzungen geknüpft werden, dass das Kind zuvor auch mindestens ein Jahr die Einrichtung besucht hat. Wenn wir Millionen in Beton investieren, müssen wir erst recht einige Hunderttausend Euro in unsere Kinder investieren. Die SPD wird hierzu ganz konkrete Anträge einbringen.
Achim Tüttenberg fasst abschließend zusammen: Die derzeitige Mehrheit verschenkt ein weiteres Jahr Zukunft des Kreises. In Düsseldorf belastet eine CDU-Landesregierung die Kommunen durch Einsparungen immer stärker, gefährdet Sparkassen und verbaut im Schul- und Jugendbereich riesige Chancen. Zugleich wird uns ein Haushalt vorgelegt, der jenseits des Themas Energieeinsparungen in Kreisliegenschaften null Ansätze bietet. Das ist viel zuwenig. Das ist ein Zukunftsrisiko. Wir Sozialdemokraten setzen Chancen und ich möchte persönlich dafür sorgen, dass die Kreisverwaltung 2009 spätestens viele Prioritäten neu und vorhandene Prioritäten anders setzt. Noch spielen wir einfach unter Niveau!