Wählen Mädchen die falschen Berufe?

„Gleichstellungsorientierte und familiensensible Arbeitswelt – Wie sieht sie aus“? war am 4. April das hoch aktuelle Thema der Podiumsdiskussion in der Spitze des Troisdorfer Bürgerhauses. Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) Troisdorf konnte dazu sechs Fachreferentinnen gewinnen: Claudia Henk, Mitarbeiterin des Arbeitersamariterbundes, stand stellvertretend für die sozialen Berufe; Ursula Schubert-Sarellas berichtete als Beauftragte für Chancengleichheit der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg Erhellendes über die „Ist“-Situation in Bonn/Rhein-Sieg und die Fördermöglichkeiten für Frauen. Auch Claudia Hoffmann berichtete als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Troisdorf über einen großen Frauenanteil in der Stadtverwaltung im unteren und mittleren Gehaltsbereich. Monika Windeck von der Fa. Evonik und Frau Meyer-Spelbrink von Formel D vertraten die Industrie. Dass gleiche berufliche Chancen und Lohngleichheit für beide Geschlechter noch in weiten Teilen der Privatwirtschaft eher Wunsch als Wirklichkeit sind, bewies auch dieser Abend. Allerdings, so die beiden Vertreterinnen der Wirtschaft, ist man auf dem Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf doch ein gutes Stück vorangekommen. Flexible Arbeitszeiten, Kitas in großen Betrieben, Heimarbeitsplätze und vieles mehr werden heute angeboten. Dass ohne diese Standards auch keine qualifizierte weibliche Fachkraft mehr zu gewinnen ist, wurde hier deutlich.
Anders sieht es bei den pflegerischen Berufen aus, deren schwere körperliche und seelisch belastende Arbeit gesellschaftlich zu wenig anerkannt wird. Und daher viel zu gering entlohnt ist. Claudia Henk vom ASB bestätigte den geringen Anteil an männlichen Pflegekräften. Familienpolitik ist ein zentrales Thema unserer Gesellschaft. Die jahrzehntelange Vernachlässigung hat dazu geführt, dass die Geburtenraten dramatisch gesunken sind. Hier ist gesellschaftliches Umdenken dringend erforderlich! Karriere hemmend sind die immer noch starren Öffnungszeiten von Kindertagesstätten, die vielen Frauen in ihren Betrieben die Möglichkeit nimmt, an Dienstbesprechungen oder internen Veranstaltungen nach 16 Uhr teilnehmen zu können. Wie überhaupt Mädchen häufig schlecht bezahlte, sogenannte weibliche Berufe wählen. Ingenieure und Ingenieurinnen werden hingegen händeringend gesucht. Und super bezahlt. So arbeiten zum Beispiel bei Formel D in Verwaltung und Betriebsbereich 58 %Frauen, in der Technik nur 4%. Einig waren sich alle, dass das Interesse der Mädchen für technische Berufe frühzeitig geweckt werden muss, schon in der weiterführenden Schule.
Dass Familienarmut der Alleinerziehenden gestiegen ist, wirkt sich negativ auf die Bildungschancen ihrer Kinder aus. Ursula Schubert-Sarellas konnte den Abend mit der erfreulichen Auskunft abrunden, dass gerade in der Arbeitsagentur Bonn/Rhein-Sieg sehr erfolgreiche Weiterqualifizierungsmaßnahmen mit Teilzeitausbildungsplätzen für Alleinerziehende angeboten werden.