Enttäuscht nahm die SPD-Arbeitsgemeinschaft „Migration und Vielfalt“ im Rhein-Sieg-Kreis die bundespolitischen Entwicklungen im Kontext der Flüchtlingspolitik zur Kenntnis. Vor allem beim Familiennachzug für Geflüchtete mit subsidiärem Schutzstatus, also z.B. aus Kriegsgebieten wie Syrien, Irak oder Jemen ohne ihre Eltern geflüchtete Jugendliche, sehen die Sozialdemokraten einschneidende Einigungen, die in Diskrepanz zum Familienbild der Union stehen. „Uns war nicht bewusst, dass innerhalb der Union der besondere Stellenwert der Familie an das Aufenthaltsrecht gekoppelt ist. Wir sind sehr enttäuscht über die krassen Forderungen, die vor allem von der CSU durchgesetzt wurden. Die SPD konnte zwar Schlimmeres verhindern, doch stellt die Entscheidung aus unserer Perspektive trotzdem einen Tiefpunkt in der deutschen Asylpolitik dar“, erklärt der AG-Vorsitzende Ömer Kirli.
Ausschlaggebend für die enttäuschte Haltung der Sozialdemokraten sei die Tatsache, dass die jetzt gefundene Regelung vor allem gegen die UN-Kinderrechtskonvention und nach Ansicht von Verfassungsrechtlern auch gegen den in Grundgesetz verbrieften Schutz von Ehe, Familie und Kinder verstießen. Ferner müsse die Frage erlaubt sein, wie sich die geplante Regelung mit der begrüßenswerten Absicht vertrage, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Jeder Minderjährige, der nach Lage der Dinge vermutlich jahrelang ohne seine Eltern hier leben müsse, sei als Härtefall zu betrachten. „Uns ist völlig unbegreiflich, wieso ausgerechnet CDU und CSU, die ansonsten in ihrer Programmatik das Wohl der Familie nachdrücklich betonen, gegen das einhellige Votum der Kirchen und vieler Organisationen der Zivilgesellschaft eine derart familienfeindliche und inhumane Lösung durchgesetzt haben“, erläutert Kirli. Durch viele wissenschaftliche Untersuchungen sei nachgewiesen, dass Familienzusammenführung stark integrationsfördernd wirke. Überdies entlaste der Elternnachzug die jetzt schon mit der Betreuung geflüchteter Minderjähriger überforderten Jugendämter ganz erheblich. In einem reichen Land wie Deutschland mit seinen 82 Mio. Einwohnern dürfe es bei guter Planung und evtl. Anwendung von Wohnsitzauflagen kein Problem sein, den Familiennachzug aus Kriegsgebieten zuzulassen. Belastbare Statistiken gingen von maximal 60.000 Menschen im Jahr aus, die übrigens angesichts langer Verfahrensdauer nicht alle in einem Jahr kommen würden.
Die Sozialdemokraten sind sich sicher, dass sich hinter den Forderungen der Union eine durchsichtige Ablenkungsstrategie verbirgt, die auch der CDU in Nordrhein-Westfalen zugutekommt. „Nicht eine restriktivere Flüchtlingspolitik schafft Akzeptanz in der Bevölkerung und ist die Lösung der Probleme vor Ort, sondern ausreichende Integrationsmaßnahmen und eine spürbare Unterstützung für die Kommunen. Dafür hat der Bund – vor allem auf Druck der SPD – Gelder zur Verfügung gestellt. Die schwarz-gelbe Koalition in Nordrhein-Westfalen verrechnet nun diese Gelder mit den Schlüsselzuweisungen für die Kommunen und bedient sich Buchungstricks, um die Vorgänge zu verschleiern. Das ist eine dreiste Täuschung, da man vor der Landtagswahl noch hoch und heilig versprach, die Kommunen finanziell besser auszustatten und sie bei ihren Integrationsbemühungen zu unterstützen. Es ist schon eine Kunst für sich, mit einer Aktion, zwei Versprechen gleichzeitig zu brechen“, so Kirli abschließend.